Überlange Verfahrensdauer vor den Finanzgerichten
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren im Dezember 2011 haben die Beteiligten die Möglichkeit, die unangemessene Dauer eines solchen Verfahrens zu rügen und hierfür Wiedergutmachung, ggf. auch in Form einer Geldentschädigung, zu erlangen (§ 198 GVG). Für Entschädigungsklageverfahren aus dem Bereich der Finanzgerichtsbarkeit ist in erster und letzter Instanz der Bundesfinanzhof zuständig.
Jetzt stellte der Bundesfinanzhof in seiner ersten Sachentscheidung hierzu fest, dass die Dauer eines Verfahrens vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg unangemessen lang war. Die Feststellung fiel allerdings insoweit leicht, weil der Bundesfinanzhof eine Möglichkeit fand, es bei der Feststellung der überlangen Verfahrensdauer zu belassen und gleichzeitig trotzdem die beantragte Geldentschädigung abzulehnen:
Das – nach Einschätzung des Bundesfinanzhofs eher einfach gelagerte – Ausgangsverfahren war mehr als sechs Jahre beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg anhängig. Während eines Zeitraums von fünfeinhalb Jahren war das Finanzgericht weitestgehend untätig geblieben.
Für die Entscheidung dieses Verfahrens konnte sich der Bundesfinanzhof auf die Feststellung beschränken, dass die Verfahrensverzögerung durch das Finanzgericht sich „in der Nähe“ des vom Kläger genannten Zeitraums von vier Jahren bewegt hat. Nähere Festlegungen zu der im Regelfall noch als angemessen anzusehenden Dauer finanzgerichtlicher Verfahren brauchte der Bundesfinanzhof noch nicht zu treffen, da er von der Festsetzung einer Geldentschädigung abgesehen und die Entschädigungsklage insoweit abgewiesen hat. Dies beruhte darauf, dass der Kläger vor dem Finanzgericht in seiner eigenen, zu Beginn des dortigen Verfahrens eingereichten Klagebegründung Tatsachen vorgetragen hatte, aus denen sich für den Bundesfinanzhof zweifelsfrei ergab, dass seine Klage unbegründet war. Steht die Erfolglosigkeit eines Verfahrens für jeden Rechtskundigen von vornherein fest, ist dessen Verzögerung für den Beteiligten objektiv nicht von besonderer Bedeutung. Dies rechtfertigt es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs, statt der begehrten Geldentschädigung Wiedergutmachung im Wege einer entsprechenden feststellenden Entscheidung zu leisten.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. April 2013 – X K 3/12